Gaming in Zeiten von Corona

Digitale Spiele sind oft noch ein umstrittenes Medium: Von der puren Leidenschaft bei den einen bis zur eher skeptisch distanzierten Haltung bei den anderen – Games müssen um ihre Stellung kämpfen, müssen sich unbequeme Fragen gefallen lassen, und sind bei alledem doch auch ein faszinierendes und vielseitiges Medium mit erheblichem erzählerischen, kreativen und medienpädagogischen Potenzial – auch deshalb befassen wir uns bei der LAG Jugend & Film schon seit mehreren Jahren intensiv mit ihnen.

Dieser Artikel soll einen Blick darauf werfen, was digitales Spielen, vor allem in Zeiten von Corona, bedeuten kann.

 

Gerade in Zeiten von ausfallenden Veranstaltungen und Freizeitangeboten, erschwertem Zusammentreffen und eingeschränktem Reiseverkehr erscheint „der Urlaub in digitalen Welten“ als (manchmal einzige) attraktive Option für die Ausflugsgestaltung. Und digitale Games werden für die Spielenden gerade dann zu einem wichtigen Begegnungsraum, wenn Begegnungen im täglichen Leben schwer - oder teilweise sogar unmöglich - sind.

Bild: ConcernedApe

Trotz zunehmender Lockerungen wird ein großer Teil des Alltags momentan noch in den eigenen vier Wänden verbracht. Bewegungsspiele sind in diesem Falle eine Möglichkeit, um das Tanzbein zu schwingen und gleichzeitig mit verschiedenen Leuten gemeinsam zu tanzen. Auch das Online-Gaming bekommt einen anderen Charakter, vor allem wenn man Freunde nicht sehen darf. Über das Headset in Kontakt zu treten und gemeinsam zu spielen, kann in diesen Zeiten sehr wichtig sein.

Bei alledem darf allerdings nicht vergessen werden, dass es auch beim Zocken ein Zuviel gibt: Die Spieleentwickler*innen sind clever und schaffen es ihre Spiele so zu designen, dass der Wunsch immer weiter voran kommen zu wollen, übermächtig werden kann. Dies sollte vor dem Hintergrund aktueller medienpädagogischer Diskussionen nicht vergessen werden. Und auch, wenn der eigene digitale Bauernhof, das Monumentalbauwerk in Minecraft oder die liebevoll ausstaffierte Spielfigur in Fortnite gerade als wichtiges Ausgleichsventil dienen – sie dürfen, auch in Zeiten von Coronoa, nicht alles andere verdrängen!

Die andere Seite ist das kreative, vielschichtige Potenzial, von digitalen Games: Bei Serious Games werden z.B. wichtige Themen über das Videospiel transportiert und bewegen den Spielenden dazu, sich mit wissenschaftlichen, politischen oder auch anderen aktuell relevanten, gesellschaftlichen Themen zu befassen. Die Spielenden verlassen die Rolle des reinen Konsumenten und werden Akteur*innen in einer Welt, in der sie auf einmal unbequeme Entscheidungen treffen, historische Ereignisse – zumindest digital – aus der Nähe erleben oder ein Gefühl für bestimmte gesellschaftliche Prozesse bekommen. Mittlerweile ist in der Entwicklung von Videospielen viel möglich, und gerade Serious Games oder Spiele mit starkem erzählerischen Fokus können so zu echten Erlebnissen werden.


Und Games können selbst (um-)gestaltet werden, können es den Spielenden erlauben, eigene Geschichten zu erzählen und spielerisch erfahrbar zu machen. Und damit möglicherweise auch einen reflektierteren Blick auf Games und ihre Mechanismen zu gewinnen und ihre aktive und rezeptive Medienkompetenz zu stärken. Gerade diesem Aspekt widmen wir uns auch immer wieder in unseren Veranstaltungen, Workshops und Tagungen, z.B. bei den Game Days oder der Tagungsreihe „Wirklichkeiten gestalten“.

Und vielleicht lohnt es sich gerade jetzt, sich gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen einmal mit der Videospielwelt zu beschäftigen, und die Möglichkeit zu nutzen, Chancen und Risiken von Spielen zu besprechen. Und sich, gerade wenn man Games bislang eher mit Berührungsängsten begegnet ist, mal in diese digitalen Welten mitnehmen zu lassen.

 

Wir bleiben jedenfalls dran am Thema Games: Mit der gerade laufenden Artikelserie „LAG@home“ empfehlen wir, neben besonders sehenswerten Filmen, auch ebenso spannende und empfehlenswerte digitale Spiele für verschiedene Zielgruppen. Viele der Games sind dabei sogar frei verfügbar! Und wir empfehlen die besten medienpraktischen Werkzeuge, mit denen sich auch eigene digitale Game-Projekte verwirklichen lassen (z.B. Twine, Scratch oder Flickgame). Eine Übersicht über unsere bisherigen Tipps findet sich weiter unten.

Wir denken auch schon über die nächsten Veranstaltungsformate zum Thema Games nach: Über eine digitale Variante der Game Days, die noch dieses Jahr an den Start gehen soll. Und über Veranstaltungen, bei denen die Teilnehmer*innen sich auch wieder persönlich begegnen – hoffentlich so bald wie möglich!

Und wir freuen uns natürlich immer über Feedback, Projektideen, Anregungen oder Anfragen – zum Thema Games oder zu anderen spannenden Medienformaten.

Sarah Weber ist Mitglied der LAG Jugend & Film Niedersachsen und Erzieherin in der stationären Jugendhilfe. Neben ihrer Arbeit initiiert sie gemeinsam mit der LAG Medienprojekte. Sie gehört zum Leitungsteam der Game Days.

Stefan Berendes ist Vorstandsmitglied der LAG Jugend & Film Niedersachsen und medienpädagogischer Referent. Games sind eines seiner Schwerpunktthemen, so z.B. beim Projekt „LET’S PLAY GERMANY“ (2016 – 2017) oder bei den „Game Days“ in Osnabrück und Göttingen.

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